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Unsere geflügelten Hausbewohner

„Srieh Srieh“ hört man es oft im Sommer in den Lüften des Göttinger Leineviertels. Die Rufe stammen von Mauerseglern, die in den vergangenen Wochen um die Häuser zogen. Die letzten Tage ist es wieder ruhiger geworden, denn die Jungen sind Flügge geworden und die Zugvögel brechen bereits zu ihrem Winterquartier in Afrika auf.

Zum Brüten bevorzugen Mauersegler Neststandorte in 6 bis 30m Höhe, größtenteils horizontal gelegene Hohlräume mit der Möglichkeit eines direkten Anflugs. In Städten findet er unter den Dächern von Altbauten, aber auch in anderen Gebäudenischen wie altem Gemäuer, geeignete Wohnstuben. So haben auch wir letzten Sommer bei unserer Haussanierung einige Nistplätze von Mauerseglern unter dem Dach entdeckt. Mit der Gebäudesanierung gingen diese Nistplätze jedoch verloren. Um Ausgleich zu schaffen haben wir im Zuge der Sanierung jeweils 4 Nistkästen an der Nord- und Südseite unseres Hauses angebracht. Zu unserer Freude, wurden diese von drei Mauersegler- und einer Rotschwänzchenfamilie angenommen 🙂

Vor zwei Wochen fand an einem sehr heißen Tag ein Mitbewohnie ein fast(?) flügges Mauerseglerjunges erschöpft auf den Boden unseres Garten liegen (siehe Titelfoto). An heißen Tagen kann es vorkommen, dass Mauerseglerjunge aus dem Nest fallen weil sie sich, um sich zu kühlen zu weit aus dem Nesteingang lehnen. Und manchmal lassen sie sich sogar direkt aus dem Nest fallen, um den Hitzetod in dem aufgeheiztem Nest zu entgehen. So auf dem Boden liegend, wäre der junge Mauersegler eine leichte Beute für die Katzen im Viertel gewesen. Also beschlossen wir ihn in die kühlere Wohnung zu nehmen und mit Wasser zu versorgen.

Am Abend wenn es kühler ist und die Mauersegler auf Insektenjagd um die Häuser ziehen, wollten wir ihn vom Balkon aus wieder fliegen lassen. Denn Mauersegler, und insbesondere Jungvögel können nicht vom Boden abfliegen. Doch der erste Startversuch schlug fehl. So richtig zum Fliegen war dem Kleinen offenbar nicht zumute, denn er blieb auf der ausgestreckten Hand bzw. Balkongeländer sitzen. Erst als ein Mitbewohner ihn, eigentlich wohlmeinend, mit Wasser besprenkelte, setzte er schließlich doch zum Flug an. Jedoch schaffte er es lediglich, auf die Straße herunter zu segeln. Da saß er nun, Mitten auf der Straße. Schnell hechtete eine Person vor das Haus um den Vogel wieder einzusammeln, doch oh Schreck, gerade als diese an der Straße ankam, fuhr ein Auto über den Vogel hinweg. Doch es war Glück im Unglück: der Vogel wurde nicht von den Rädern erfasst und er war klein genug, dass er locker unter das Auto passte. Und so haben wir ihn schließlich unverletzt von der Straße gesammelt und wieder mit in die Wohnung genommen mit dem Entschluss ihn noch ein paar Tage aufzupeppeln bis er schließlich fit genug wäre um zu fliegen.

Die Nachbarkinder erjagden ein paar Fliegen um den Mauersegler mit Futter zu versorgen und weil das nicht ganz reichte um seinen Hunger zu stillen, besorgten wir am nächsten Tag Heimchen aus der Zoohandlung. Doch wie füttert man einen Mauersegler? Im Gegensatz zu anderen Vogeljungen sperren diese nicht ihre Schnäbel auf sobald sie Hunger haben oder Futter erblicken. Gottseidank gibt es in Zeiten des Internets zahlreiche Anleitungen und YouTube-Videos wie dieses zu bewerkstelligen ist. Und nach einigen Herumprobieren gelang es schließlich, dem kleinen Mauersegler ein paar Insekten in den Schnabel zu stopfen.

Bei der abendlichen Fütterung am Folgetag, wurde der Mauersegler, der sonst nur ruhig in seiner Pappkiste saß mit einmal sehr munter. Immer wieder breitete er seine Flügel aus und begann ein wenig damit zu flattern. Also wagten wir einen erneuten Versuch und nahmen ihn mit auf den Balkon. Dort fing er noch mehr an zu flattern und landete schließlich… auf dem Balkonboden. Doch es wirkte recht eindeutig, der Vogel wollte losfliegen. Nur bevor wir ihn diesmal an den Rand des Balkons setzen, rannten noch vorsorglich ein paar Mitbewohner vor das Haus, um, falls nötig, den Vogel schnell wieder einsammeln zu können. Und dann geschah es. Der kleine Mauersegler setzte zum Flug an, sank zunächst etwas herab, konnte sich dann aber fangen und die Höhe halten, bis er schließlich weiter an Höhe gewann und am anderen Ende der Straße hinter ein paar Häusern verschwand. Als wir sahen wie er in der Luft aufstieg jubelten wir.
Ein wenig war er uns schon ans Herz gewachsen, der Kleine, und wir hoffen, dass er es schafft und einen guten Flug in sein Winterquartier hat.

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